Ein Tag im Zeichen der Demokratie
Den Tag vor dem offiziellen Jubiläum „175 Jahre Paulskirche“, nutzten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 9 (Realschul- und Gymnasialzweig), sowie die Klasse 8 des Hauptschulzweiges der Freiherr-vom-Stein-Schule Dauborn zu einer Exkursion mit einem besonderen Schwerpunkt: Geschichte der deutschen Demokratie.
Der bevorstehende Gedenktag bildete den Anlass für diese Exkursion an den Ort, den man ohne zu übertreiben als „Wiege der deutschen Demokratie“ bezeichnen darf: die Paulskirche in Frankfurt.
Knapp 140 Schülerinnen und Schüler begaben sich, gemeinsam mit ihren Klassen- und Geschichtslehrkräften, auf den Weg in die Mainmetropole um sich vor Ort ein konkretes Bild über die Altstadt und die Paulskirche heute zu machen und überdies vielfältige Informationen und Eindrücke über die Hintergründe des historischen Gedenktages: 18. Mai 1848 zu sammeln.
An diesem Tage trafen sich erstmals knapp 600 frei gewählte Abgeordnete der deutschen Teilstaaten in Frankfurt am Main und konstituierten sich zur ersten deutschen Nationalversammlung. Deren Präsident wurde Heinrich von Gagern ein aus Hessen-Darmstadt entsandter liberaler Abgeordneter. In der historischen Reichsstadt bot die Paulskirche den geeigneten Rahmen, war sie doch seinerzeit das einzige Gebäude, das ausreichend Platz bot für die Abgeordneten, deren Gefolge und die Vielzahl interessierter Frauen, die allerdings damals noch kein Wahl- und Mitbestimmungsrecht besaßen und sich mit einem Platz auf der „Damengalerie“ begnügen mussten.
Drei Anlaufstationen umfasste das Programm für die mitgereisten Schülerinnen und Schüler:
Neben einer Altstadtrallye (mit Zentrum Paulskirche), bot das Archiv der Stadt Frankfurt eine fachkundige Führung durch die Ausstellung „Auf die Barrikaden!“ an und ein ganz besonders Highlight stellte das Ein-Personen-Theaterstück von und mit Tino Leo, dar, das den Titel: „Einigkeit und Recht und Freiheit“ trägt. Der Künstler stellt in diesem lebendigen Stück zehn bedeutende Persönlichkeiten aus der Epoche zwischen Wiener Kongress, Revolution 1848 bis zur Konstituierung der Frankfurter Nationalversammlung auf eindrucksvolle und einprägsame Weise dar und vermittelte so - fast Nebenher - solides historisches Wissen.
Das stramme Programm bot darüber hinaus auch ein wenig Zeit, die Frankfurter Altstadt zu erkunden. „Geschichte zum Erleben und Anfassen“ – so war es gedacht und wurde in die Praxis umgesetzt.
Das Scheitern der 48er Revolution, die Tatsache, dass die die Verfassung nie den Status eines Entwurfs verließ, darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die damaligen Ereignisse sich als richtungsweisend darstellten. Allen Schülerinnen und Schüler (und natürlich auch den mitgereisten Lehrerkräften) wurde gegenwärtig, dass Demokratie kein „Selbstgänger“ ist, immer wieder – ganz im demokratischen Sinne- erstritten werden muss und persönlichen Mut erfordert. Eine Erkenntnis, deren Gehalt in unserer aktuellen Epoche an Bedeutsamkeit nichts verloren hat, sondern stetig wächst, getreu der Erkenntnis:
„Wer in der Demokratie einschläft, muss damit rechnen, in einer Diktatur aufzuwachen!“
(Verfasser unbekannt)
Autor des Textes: Dietmar Langusch
23.05.23
Workshop zur NS- “Euthanasie“ mit digitalem Live-Rundgang durch die Gedenkstätte Hadamar
Ein Besuch der Gedenkstätte Hadamar gehört seit mehr als zwanzig Jahren zum Schulprogramm der Freiherr-vom-Stein-Schule für die Abschlussklassen 9 und 10, denn Gedenkstättenpädagogik ist wesentlich für historisch-politische Bildung an außerschulischen Lernorten. Durch die Pandemie bedingt konnte dieser Besuch dieses Jahr nicht vor Ort stattfinden. Patricia Birkenfeld ist seit langem eine von zwei abgeordneten Lehrkräften, die im Team der Gedenkstätte Hadamar an pädagogischen Konzepten und Materialien mitarbeitet. Mit Unterstützung der Gedenkstätte suchte sie daher nach Möglichkeiten und Wegen, die Gedenkstätte „in die Schule“ zu holen.
So fand an der Freiherr-vom-Stein-Schule für die Abschlussschülerinnen und -schüler an drei Terminen im Februar jeweils ein 6-stündiger Workshop zum Thema NS-“Euthanasie“ statt.
Die Schüler*innen setzten sich zunächst mit der Planung der NS-“Euthanasie“ auseinander. Sie erfuhren, dass die Nationalsozialisten psychisch kranke und behinderte Menschen als "lebensunwertes Leben" bezeichneten und mit welcher Gründlichkeit und Präzision die Täterinnen und Täter die Mord-Aktion an diesen Menschen planten und schließlich in der damaligen Tötungsanstalt Hadamar in die Tat umsetzten. Zudem wurde den Lerngruppen dargelegt, dass dieser Massenmord an den Patienten und Patientinnen in der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Hadamar in zwei verschiedene Phasen unterteilt war. In der sogenannten „T4“-Mordphase wurden die Menschen in Gaskammern getötet und in der sogenannten „dezentralen“ Mordphase wurden sie sowohl durch gezielte Mangelernährung als auch durch überdosierte Medikamente getötet. In der Zeit zwischen 1941 und 1945 wurden in der ehemaligen Tötungsanstalt Hadamar rund 15.000 Menschen ermordet.
Nach der Heranführung an die Thematik erlebten die Schüler*innen einen etwa einstündigen digitalen Rundgang durch die Gedenkstätte und erhielten einen intensiven Überblick über die Geschichte der Tötungsanstalt. Der Rundgang wurde live übertragen, die pädagogischen Mitarbeiter*innen kommunizierten dabei direkt aus der Gedenkstätte mit der jeweiligen Lerngruppe. Inhaltliche Fragen konnten so jederzeit gestellt und beantwortet werden. Die Gruppen hatten auf diese Weise die Möglichkeit, die ehemalige „T4“-Busgarage, den Ausstellungsraum mit Biografien, die Kellerräume und den „Anstaltsfriedhof“ bzw. die heutige Gedenklandschaft der Gedenkstätte virtuell zu besichtigen.
Nach dem digitalen Rundgang arbeiteten die Schüler*innen in Gruppen zu individuellen Einzelschicksalen. Diese exemplarischen Geschichten mit ihren persönlichen Erlebnissen wirken oft berührend und vermitteln auf diese Weise Empathie. Die persönlichen Lebensläufe der ermordeten Menschen wurden am Ende des Workshops von den einzelnen Gruppen präsentiert.
Am Ende des Workshops bot eine Diskussionsrunde die Möglichkeit, vertiefende Fragen zu klären sowie Eindrücke und Gedanken zu äußern.
Die Attraktivität des außerschulischen Lernortes Hadamar besteht für die Freiherr-vom-Stein-Schule in der „Konfrontation mit der nahen Tat“, die nicht weit weg geschah, sondern in unmittelbarer Nähe. Die Lerngruppen erleben so „Geschichte zum Anfassen“.